
Verbandskooperationen – Mehr Schlagkraft oder vergebene Liebesmüh?
Das Transkript des Video-Beitrags von Christian Windeck:
Verbandskooperationen – Mehr Schlagkraft oder vergebene Liebesmüh?
Viele, vor allem kleinere Verbände, stehen vor der Herausforderung, dass sie nicht über ein unendliches Budget verfügen, um große Ideen oder Kampagnen umzusetzen. Doch selbst wenn die Mittel vorhanden sind, ist nicht gesagt, dass man seine Botschaften tatsächlich auch wirkungsvoll platziert. Das hat vor allem etwas mit der Wahrnehmung durch die Zielgruppen zu tun. Sei es, dass die Themen dort auf den ersten Blick als zu weit weg oder zu speziell betrachtet werden – oder dass man den Eindruck hat, dass es sich nur um Partikularinteressen von einem dann auch noch kleineren Verband handelt und es sich dementsprechend nicht „lohnt“, sich intensiver damit zu beschäftigen. Nachdem man seine Chancen abgewogen hat, kann es in solchen Fällen sinnvoll sein, über eine Kooperation mit einem oder mehreren anderen Verbänden nachzudenken.
Doch wie geht man eine solche Kooperation an?
Ein Kaltstart, bei dem also keine bestehenden Beziehungen aktiviert werden können, ist oft zum Scheitern verurteilt. Die Verbandsführung muss sich mit den Mitgliedern abstimmen, und häufig gibt es Vorbehalte gegen eine Zusammenarbeit. Diese Vorbehalte – selbst wenn es nur ein einziger und dann noch nicht einmal sonderlich valider Vorbehalt ist – können das Ende einer möglichen Kooperation bedeuten, bevor sie überhaupt begonnen hat.
Und selbst wenn es keine derartigen Probleme gibt, sollte man sich nicht der Illusion hingeben, dass man „kurzfristig“ in eine Zusammenarbeit einsteigen kann. Es braucht Zeit, bis das gegenseitige Vertrauen aufgebaut ist und alle Beteiligten sicher sind, dass sie nicht übervorteilt werden.
Anders sieht es aus, wenn Verbände bereits positive Beziehungen aufgebaut haben und zwischen den handelnden Personen Sympathie und Vertrauen bestehen, sind erfolgreiche Verbandskooperationen deutlich wahrscheinlicher – vor allem dann, wenn alle potenziell beteiligten Verbände denselben Handlungsdruck empfinden und dementsprechend auf einem ähnlichen Engagement-Level in die Kooperation starten.
Zur Umsetzung: Eine gemeinsam entwickelte Kommunikationsstrategie unter einer eigenen Kampagnenmarke kann zum Beispiel dabei helfen, mit einer einheitlichen Stimme aufzutreten und die Beteiligten als Co-Absender zu positionieren. Eine solche Kampagne hat den Vorteil, dass man sich im Rahmen der Kooperation voll und ganz auf ein spezifisches Thema konzentrieren kann, ohne die anderen Anliegen, die die beteiligten Verbände in ihrer Verbandskommunikation behandeln, zu verwässern.
Eine Herausforderung, die sich daraus allerdings häufig ergibt, ist, die Inhalte der gemeinsamen Kampagne nahtlos in die eigene, reguläre Verbandskommunikation zu integrieren. Passiert das nicht, besteht erfahrungsgemäß die Gefahr, dass die Zielgruppe – zum Beispiel, wenn sie auf der Website eines Verbandes recherchiert – nicht erkennen kann, wie der Verband zu dem Thema, das er online vor allem über die Kampagnenkanäle kommuniziert, überhaupt steht.
Essenziell für eine erfolgreiche Verbandskommunikation sind unserer Erfahrung nach vor allem klare Absprachen und eine gut organisierte Kommunikation. Die Abstimmungsprozesse dürfen nicht zu aufwendig sein, denn das bremst die Dynamik der Kampagne unweigerlich aus. Aufwendige Abstimmungen sind allerdings nicht nur ein Problem für die Kampagnenperformance, sie wirken sich negativ auf das Engagement der beteiligten Verbandsmitarbeiter aus, die solch ein Kooperationsprojekt in der Regel „on top“ zu ihrem eigentlichen Job handeln müssen.
Gerade wenn eine externe Kommunikationsagentur eingebunden wird, ist es besonders wichtig, dass direkt zu Beginn von allen beteiligten Verbänden eine Liste mit kommunikativen Dos and Don’ts erstellt wird. Diese Listen braucht es, damit die Agentur die politischen Feinheiten und Befindlichkeiten der beteiligten Verbände überhaupt berücksichtigen kann. Nur dann können Maßnahmen, Konzeption und Durchführung effizient geplant werden, was letztlich viele Abstimmungsschleifen überflüssig macht und die Kampagne zielgerichtet voranbringt. Denn wenn wir ehrlich sind: Egal, wie viel Abstimmungs- bzw. Projektmanagementbudget eine Agentur bei solchen Kooperationen einplant, oft reicht es – bei unstrukturierten Projekten mit unklaren Zuständigkeiten – nicht aus.
Wenn – wovon ich überzeugt bin – alle Beteiligten als Ergebnis einer Verbandskooperation lieber positive Maßnahmenergebnisse sehen, als einen sauber geführten OneDrive-Ordner mit 72 Abstimmungsprotokollen – führt an einer von Beginn an transparenten Kommunikation, die Ross und Reiter benennt, und einem gewissen Freiraum für die Agentur – kleinere Dinge nach bestem Wissen und Gewissen selbst zu entscheiden – kein Weg vorbei.
Kooperationen zwischen Verbänden, vor allem im Bereich Öffentlichkeitsarbeit, aber auch mit Blick auf fachliche Kooperationen, zum Beispiel in den Bereichen Nachhaltigkeit und technologische Transformation, bieten zweifelsohne große Chancen. Sie erlauben es, Ressourcen zu bündeln, gemeinsam mehr Schlagkraft zu entwickeln und letztendlich größere Erfolge zu erzielen und schneller zum Ziel zu kommen. Wichtig ist, dass alle Beteiligten bereit sind, Kompromisse einzugehen und strategisch klar sowie maximal transparent zusammenzuarbeiten.