» Die KI-Effizienz-Falle: Mehr Output, weniger Wirkung?
KI schenkt Unternehmen wertvolle Zeit. Doch viele investieren sie falsch und produzieren nur mehr vom Gleichen. Warum der wahre Gewinn in strategischer Tiefe statt in höherem Output liegt – und was Entscheider im Zusammenhang mit der Einführung von Künstlicher Intelligenz bedenken sollten.
Die Verheißung der Künstlichen Intelligenz ist in den Führungsetagen angekommen: mehr Effizienz, mehr Output, mehr Geschwindigkeit. Doch während die Produktivität im Idealfall steigt, macht sich eine neue, kritische Frage breit: Wenn alle effizienter werden, wie sichern wir uns dann noch einen echten Wettbewerbsvorteil?
Eine spannende Entwicklung beobachtet Christian Windeck. Als Geschäftsführer von rheinland relations, einer Kommunikationsberatung, die sich auf Verbände und mittelständische Unternehmen spezialisiert hat, berät er Verbände und Unternehmen bei der Einführung von KI-Strategien. „Wir sehen eine massive Welle der Gleichförmigkeit“, so Windeck. „KI hebt zwar an manchen Stellen das allgemeine Niveau, aber sie produziert auch Unmengen an austauschbarem Content. Die größte Gefahr dabei ist eine gewisse Bequemlichkeit im Umgang mit KI: Einfach den erstbesten Output von ChatGPT & Co. zu verwenden, diesen, wenn überhaupt nur oberflächlich zu prüfen und die eigene Expertise am Ende gar nicht mehr einzubringen.“
» Die Falle: Wenn die gewonnene Zeit falsch investiert wird
Das Kernproblem, so Windeck, sei dabei nicht die Technologie selbst, sondern die Art, wie die durch sie gewonnene Zeit genutzt wird. „KI ist tatsächlich ein Gamechanger“, stellt er klar. „Sie ist ein brillanter Effizienz-Motor. Sie kann uns von den administrativen, repetitiven Aufgaben befreien, die uns regelmäßig von echter Wertschöpfung abhalten.“
Doch genau hier beginnt die strategische Weggabelung. Die Marketingabteilungen vieler Unternehmen nutzen die freigewordenen Kapazitäten, um einfach nur mehr von dem zu produzieren, was sie ohnehin schon tun. Das Ergebnis ist eine Content-Inflation, die ihre eigene Wirkung zunichtemacht. „Eigentlich eröffnet KI aber die Chance endlich mehr Zeit für die tiefgehenden, strategischen Aufgaben zu haben“, argumentiert Windeck. „Diese Chance sollten wir jetzt nutzen, anstatt noch mehr wirkungsloses Grundrauschen zu generieren.“
» Wo KI an ihre Grenzen stößt
Um den wahren Wert der gewonnenen Zeit zu heben, müssen sich Entscheider auf die Bereiche konzentrieren, in denen der Mensch der Maschine auf absehbare Zeit überlegen bleiben wird. Windeck nennt drei konkrete Beispiele aus der Unternehmenspraxis:
- Echtes Kundenverständnis statt reiner Daten-Aggregation: Die Annahme, man könne durch eine KI-Abfrage (z.B. „Was sind die Top-5-Probleme meiner Zielgruppe?“) echte Marktforschung ersetzen, ist ein Trugschluss. Die KI liefert eine Zusammenfassung öffentlich verfügbarer, generischer Informationen – das „Was“. Ein tiefgehendes, persönliches Gespräch mit einem Kunden hingegen liefert den Kontext, die Emotionen und die unausgesprochenen Bedürfnisse – das entscheidende „Warum“. Hier entstehen erfahrungsgemäß die wahren Innovations- und Vertriebschancen.
- Strategische Analyse statt reiner Informationswiedergabe: Eine KI kann die letzten Veröffentlichungen eines Wettbewerbers sehr gut zusammenfassen. Ein menschlicher Stratege würde weitergehen: Warum kommunizieren sie das gerade jetzt? Welche Botschaft senden sie bewusst nicht? Welche Rückschlüsse lassen sich daraus auf ihre Geschäftsstrategie oder mögliche Schwächen ziehen? Die KI liefert Daten, ein Mensch handlungsrelevante Interpretation.
- Authentische Kultur statt poliertem Image: Anstatt ein weiteres Imagevideo zu produzieren und per Video-KI auf Hochglanz zu polieren, liegt deutlich mehr Potenzial in ungeskripteten Formaten. „Ein Video-Podcast, in dem die eigenen Ingenieure leidenschaftlich von ihren echten Herausforderungen berichten, ist für potenzielle Kunden – und damit auch für das Unternehmen selbst – deutlich wertvoller als der nächste Image-Clip“, so Windeck. „Er transportiert nicht nur Expertise, sondern auch Kultur und Authentizität. Aus einer einzigen dieser Folgen lässt sich zudem eine Fülle an Audio-, Video- und Text-Inhalten für alle anderen Kanäle extrahieren – maximale Effizienz bei einem hohen anzunehmenden Wirkungsgrad.“
» Jenseits der Klicks: Warum der „Return on Attention“ an Relevanz gewinnen wird
Dieser strategische Schwenk erfordert auch ein radikales Umdenken bei der Erfolgsmessung. Klassische KPIs wie Reichweite, Impressionen oder Klickzahlen werden im KI-Zeitalter nicht nur abnehmen, sondern generell an Aussagekraft verlieren. „Wir sollten aufhören, nur die Lautstärke zu messen“, erklärt Windeck. Er plädiert für den „Return on Attention“ (RoA) als zusätzliche Kennzahl für die Erfolgskontrolle von Kommunikationsmaßnahmen.
Der RoA fragt nicht: „Wie viele Leute haben wir erreicht?“, sondern: „Bei wem haben wir wie viel echte, qualitativ hochwertige Aufmerksamkeit erzeugt?“ Erfolg wird dann nicht mehr in Klicks gemessen, sondern in der Anzahl hochkarätiger Teilnehmer bei einem exklusiven Kundengespräch, in der überdurchschnittlichen Verweildauer bei einem Fach-Podcast oder in einem Zitat, das von einem Leitmedium aufgegriffen wird. Es geht um die Qualität der Wirkung, nicht um die Quantität des Outputs.
» Unter dem Strich: KI schafft Raum für strategische Exzellenz
Die Botschaft für Entscheider ist klar: Die kommunikative Zukunft gehört nicht den Unternehmen, die mit KI am meisten Content produzieren. Der entscheidende Wettbewerbsvorteil entsteht dort, wo Unternehmen die durch KI gewonnene Effizienz nutzen, um ihre besten Köpfe von Routinen zu befreien und sie auf die Aufgaben anzusetzen, die den wahren Unterschied machen: tiefes Kundenverständnis, mutige Konzepte und merk-würdige Kommunikation.
» Über uns
Über rheinland relations: Die Bonner Kommunikationsagentur rheinland relations ist seit mehr als zehn Jahren auf die strategische Beratung von Verbänden, Kommunen und mittelständischen Unternehmen spezialisiert und entwickelt neben klassischer Kommunikation auch Lösungen zur Optimierung von internen und externen Kommunikationsprozessen ihrer Kunden.


