» Wird KI wirklich zum Karrierekiller für Berufseinstieger?
In der aktuellen Debatte um künstliche Intelligenz und ihre Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt sorgt ein Artikel des renommierten US-Magazins The Atlantic mit dem Titel „Something Strange Is Happening to Young Workers“ für großes Aufsehen. Der Autor Derek Thompson präsentiert beunruhigende Zahlen: Die Arbeitslosenquote unter College-Absolventen in den USA liegt mittlerweile bei 5,8 Prozent – ein auffälliger Anstieg in einem ansonsten robusten Arbeitsmarkt. In sozialen Netzwerken wie LinkedIn schlug der Artikel (wie nicht anders zu erwarten) hohe Wellen.
» Die Debatte in den sozialen Medien: Irgendwo zwischen Alarmismus und „wird schon“
Ebenfalls erwartbar, die Reaktionen im Web: Von „klassische Einstiegspositionen werden in ein bis zwei Jahren komplett verschwinden“ bis „AI-Natives profitieren automatisch von KI – wenig vorausschauende Arbeitgeber sind das Problem“ ist alles dabei. Zumindest halb erschließt sich mir der Kommentar: „Die Frage ist nicht mehr, ob du gut analysieren kannst, sondern was du beitragen kannst, das KI nicht schon erledigt hat“. Dem letzten Teil muss man zustimmen – weil es schon immer so war. Warum sollte ein Arbeitgeber Jobs ausschreiben, die nichts zum Unternehmenserfolg beitragen? Allerdings kommt es sehr wohl gerade in Zukunft darauf an, dass junge Nachwuchskräfte starke analytische Fähigkeiten mitbringen. Das wissen zumindest diejenigen ChatGPT-Nutzer, die häufiger lesen „Stimmt. Du hast Recht. Ich werde den entsprechenden Absatz korrigieren“.
» KI als Karriekiller? Ein Blick auf die Daten.
Lassen Sie uns einmal differnziert auf die Datenlage schauen: Die Zahlen der New York Fed zeigen zwar eine höhere Arbeitslosigkeit unter jungen Akademikern, aber ist dies tatsächlich primär auf den Einsatz von KI zurückzuführen?
Der Wirtschaftswissenschaftler David Deming von der Harvard University weist im Atlantic-Artikel darauf hin, dass junge Menschen bereits seit mindestens einem Jahrzehnt zunehmend Schwierigkeiten haben, Arbeit zu finden. Dieser Trend begann lange vor dem Aufkommen von ChatGPT und ähnlichen Systemen. Die Finanzkrise 2008 führte zu Einstellungsstopps, die besonders junge Berufseinsteiger trafen, und die Pandemie setzte diesem langfristigen Problem erneut zu.
» Früher gab es kein Medienmonitoring ohne Fax und Schere
Die Transformation der Arbeitswelt ist kein neues Phänomen. Als ich selbst vor rund 20 Jahren in der PR-Branche startete, verbrachte ich Stunden mit Tätigkeiten, die heute vollständig automatisiert sind oder digital stattfinden.
Morgens um 7 Uhr begann mein Tag mit dem manuellen Durchforsten von Zeitungen für das Medienmonitoring. Artikel wurden ausgeschnitten (ja, mit der Schere) und Pressespiegel per Fax versandt. Meine damalige „Innovation“ bestand in der Idee das Ganze einzuscannen und per Mail an unsere Kunden zu schicken. Über das „Bauen“ von Pressemappen und deren Versand will ich gar nicht erst reden. Diese Art der Einstiegspositionen existiert längst nicht mehr – nicht erst seit der KI-Revolution, sondern bereits seit der ersten Welle der Digitalisierung.
Eine Studie des McKinsey Global Institute bestätigt diesen langfristigen Trend: Bereits in ihrem 2017 erschienenen Bericht „Jobs lost, jobs gained“ prognostizierten die Forscher, dass bis zu 30% aller Arbeitsstunden durch Automatisierung ersetzt werden könnten – lange vor dem Durchbruch generativer KI.
Wo wir gerade bei Studien sind:
Eine Studie der OECD aus dem Jahr 2023 legt nahe, dass KI zwar bestimmte Aufgaben automatisieren kann, jedoch gleichzeitig neue Rollen entstehen, die menschliche Supervision, Interpretation und Qualitätskontrolle erfordern.
» KI trifft Young Professionals bei rheinland relations
In unserer Agentur setzen wir seit längerer Zeit wieder auf den Einsatz zweier Werkstudenten – nicht trotz KI, sondern wegen KI. Unser klar formuliertes Ziel: die jungen Mitarbeitenden leistungsfähiger und damit produktiver zu machen – zugeschnitten auf die Aufgaben und Prozesse in unserer Agentur. Am Ende soll ein Win-Win-Win stehen: eine steile Lernkurve und Spaß an der Arbeit bei den Werkstudierenden, Entlastung für unsere Agenturmitarbeitenden und damit unter dem Strich eine leistungsfähigere Agentur. Dieses Mindset leben wir daher nicht nur gegenüber unseren Werkstudenten, sondern über alle Mitarbeitenden hinweg. Jeder Einzelne bei uns wird zu KI und den Tools, die wir im Unternehmen nutzen, geschult und soll sich und seine Erkenntnisse aktiv einbringen. Dazu zählt unter anderem auch, dass man optimierte Workflows oder KI-Assistenten – nach einer Prüfung – mit dem Team teilt.
» Der Kasus Knacktus: Klare Rahmenbedingungen für die KI-Integration
Was für Unternehmen jetzt wichtig wird, ist nicht die pauschale Entscheidung „KI statt Werkstudenten“, sondern die Schaffung eines durchdachten Frameworks für die Integration beider Ressourcen:
- Klare Rollenverteilung: Definition, welche Aufgaben KI übernimmt und wo menschliche Expertise unersetzlich bleibt
- Angemessene Infrastruktur: Implementierung datenschutzkonformer KI-Lösungen wie Langdock für den europäischen Raum
- Systematische Schulungen: Befähigung aller Mitarbeitenden zum kompetenten Umgang mit KI-Tools
- Qualitätssicherungsprozesse: Etablierung von Standards zur Überprüfung KI-generierter Inhalte
- Neue Einstiegsmodelle: Entwicklung von Ausbildungswegen, die den veränderten Anforderungen Rechnung tragen
» Herausforderungen und Chancen für Verbände und den Mittelstand
- Ressourceneffizienz: Gerade ressourcenbeschränkte Organisationen können durch die Kombination von KI-Tools und gezielt geschulten Nachwuchskräften Kommunikationsleistungen erbringen, die zuvor nur größeren Unternehmen vorbehalten waren.
- Digitale Transformation: Der Bayrische Industrie- und Handelskammertag berichtet in seiner aktuellen Mittelstandsstudie, dass 67% der befragten Unternehmen Schwierigkeiten haben, qualifiziertes Personal für die digitale Transformation zu finden. Junge Menschen mit KI-Affinität können hier eine wichtige Lücke schließen.
- Wissenstransfer: Die Integration von Nachwuchskräften, die KI-Tools beherrschen, kann auch erfahrenen Mitarbeitenden neue Perspektiven eröffnen und den digitalen Reifegrad der gesamten Organisation erhöhen.
» Fazit: Evolution statt Verdrängung
Bitte keine Panik: Weder ist KI der alleinige Grund für die aktuellen Herausforderungen junger Akademiker, noch macht sie die menschliche Arbeitskraft überflüssig.
Wir erleben eine Beschleunigung eines seit Jahrzehnten laufenden Transformationsprozesses, in dem sich Aufgabenprofile und Anforderungen kontinuierlich verändern. Für Unternehmen und Verbände bedeutet dies: Nicht die Entscheidung zwischen KI oder Nachwuchskräften ist entscheidend, sondern die Entwicklung eines durchdachten Konzepts, wie beide Ressourcen optimal kombiniert werden können.
Wer heute als Organisation erfolgreich sein will, sollte junge Talente einbinden, die nicht nur fachlich kompetent, sondern auch im Umgang mit KI-Tools versiert sind – und gleichzeitig eine Organisationskultur schaffen, die kritisches Denken, Kreativität und ein gesundes menschliches Urteilsvermögen fördert. Denn genau diese Qualitäten werden in einer zunehmend automatisierten Welt zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil.
Bleiben Sie flexibel und bereit, Ihre Strategien immer wieder anzupassen – so stellen Sie sicher, dass Ihr Unternehmen nicht nur im klassischen Google-Ranking, sondern auch in den neuen KI-gesteuerten Suchsystemen gut platziert bleibt.