» Warum der AU-Schein per WhatsApp auch für Arbeitgeber vorteilhaft sein kann
Aus Hamburg kommt ein neuer „AU-Schein Service“, der Arbeitnehmer im Fall einer Erkältung mit dem berühmten gelben Zettel versorgt – und zwar per WhatsApp für 9,00 €. Möglich wird das Telemedizin-Modell durch die Lockerung des Fernbehandlungsverbots.
„Wenn einer meiner Mitarbeiter/innen krankheitsbedingt ausfällt, macht der AU-Schein für die Agentur schon ab dem ersten Tag Sinn“, erklärt Christian Windeck, Geschäftsführer unserer PR-Agentur. Grund dafür ist die Umlage „U1“. Arbeitgeber, die nicht mehr als 30 Mitarbeiter beschäftigen, erhalten darüber von der Krankenkasse auf Antrag zwischen 40 und 80 Prozent der Lohnaufwendung zurück.
AU-Schein per WhatsApp
„Für meine Mitarbeitenden kann ein Service, wie au-schein.de ihn anbietet, im Erkältungsfall sicherlich eine Erleichterung sein. Sie müssen sich nicht in Bahn, Bus oder Auto durch Bonn quälen, um dann von ihrem Hausarzt nach anderthalb Stunden im voll besetzten Wartezimmer eine 1-Tages-AU und einen verschreibungsfreien Hustensaft zu erhalten. Anschließend sind sie vermutlich ‚kränker‘ als vorher und zur Erholung trägt dieser Ausflug sicher auch nicht bei“, findet Windeck.
Bei Erkältung: Krankschreibung mit online AU-Schein möglich.
Der Agenturchef gibt aber auch zu bedenken: „Vermutlich reizt das Modell den ein oder anderen, für 9,00 € mal einen Tag frei zu machen. Aber ich denke, dass diejenigen, die aus solchen Beweggründen krankgeschrieben werden möchten, damit auch ohne Online-Doc kein großes Problem haben werden.
Wenn sich ein Mitarbeitender regelmäßig mit kurzen AUs abmeldet, hat man als Arbeitgeber ohnehin andere Sorgen. Da spielt es dann überhaupt keine Rolle, ob sie von einem Arzt vor Ort oder einem Online-Doktor krankgeschrieben wurden. Letztlich muss ein entsprechendes Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer – und innerhalb der Belegschaft bestehen. Das sollte es aber ohnehin – unabhängig von der Lockerung des Fernbehandlungsverbots.“
Für 9,00 € gibt es die Krankschreibung ohne Arztbesuch
Dank des Telemedizinangebots ist das jetzt möglich: Der Patient muss per Messengerdienst WhatsApp Fragen zu den Symptomen beantworten. Daten wie E-Mail-Adresse, Wohnort und ein Foto der Krankenkassenkarte werden abgefragt. Leidet der Patient an den entsprechenden Beschwerden, wird von einem Arzt ein Attest ausgestellt und direkt per WhatsApp versendet. Das Original gibt es dann innerhalb weniger Tage per Post. AU-Schein.de bietet den Service aktuell pro Person höchstens zwei Mal im Jahr für maximal fünf Werktage an. Andere Ärzte können von dieser selbstauferlegten Beschränkung allerdings abweichen.
AU-Schein per WhatsApp – ist das legal?
Das ist nicht ganz klar. Die Bundesärztekammer hatte das Ausstellen einer AU (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) per Telefon oder Videokonferenz zwar abgelehnt, dies wurde aber nicht verbindlich in die deutsche Musterberufsordnung aufgenommen. Und selbst wenn die Bescheinigung per Telemedizin aufgenommen werden würde, ist die Musterberufsordnung in den entscheidenden Landesärztekammern rechtlich unverbindlich.
Es besteht eindeutig ein Unterschied zwischen einer Fernbehandlung und der Fernausstellung eines Dokuments. Ob das Start-up aber wirklich gegen geltendes Recht verstößt, wird derzeit von der Hamburger Ärztekammer überprüft.
Wie sollte ich als Arbeitgeber reagieren?
Theoretisch könnten Sie, wenn Sie den Namen eines Online-Arztes auf einem AU-Schein Ihrer Mitarbeitenden entdecken, die Krankschreibung nicht anerkennen. Ob diese Ablehnung jedoch rechtens wäre, müsste ein Arbeitsgericht klären. Besser wäre es in jedem Fall, zunächst einmal das persönliche Gespräch zur/zum Mitarbeitenden zu suchen – so man als Arbeitgeber denn überhaupt grundsätzlich ein Problem mit „Online-Krankschreibungen“ hat.
Online AU-Schein: Studien belegen vernünftigen Umgang
Allzu große Sorgen bezüglich vermehrter Online-Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen müssen sich Arbeitgeber, einer Studie der Universität Magdeburg zufolge, offenbar nicht machen: Die Wissenschaftler beschäftigten sich mit dem Phänomen, dass Deutsche häufiger zum Arzt gehen als alle anderen EU-Bürger. Zu ihren abschließenden Empfehlungen zählt unter anderem die Selbst-Krankschreibung ohne Arzt bis zu einer Woche. Ihr Hauptargument: Versuche in Norwegen zeigten, dass die Selbst-Krankschreibung nicht zur vermehrten Arbeitsunfähigkeit führt.
Nachtrag // Nachdem der Service von AU-Schein.de starke Medienaufmerksamkeit erhalten hat, kann sich der Betreiber offenbar nicht über mangelnden Zuspruch beklagen: